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Zur Ausstellung in der Galerie Yenidze Dresden – 22.02.-31.05.2005 :
Regina Böhm „Menschen und ihre Träume“
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
warum beginnt man nach einem langen arbeitsreichen Leben, die schauende Distanz zu einem Blatt Papier oder einer Leinwand aufzuheben, um sich dem Rausch der Farben und Formen, selbst Hand anlegend, hinzugeben?! Gründe gäbe es derer viele! Um die Leere zu füllen, Sprachlosigkeiten zu überwinden, dem Glücksgefühl kreativen Gestaltens zu folgen, seiner eigenen Gedankenflut Herr zu werden, neue Wirklichkeiten zu entdecken, die das Leben reicher machen, Türen aufzustoßen, hinter die man noch nicht geschaut hat!
Kunst als Lebenselexier nutzt Regina Böhm (Jg. 1939), die dem Künstlerischen immer zugewandt war, seit der Jahrtausendwende, wobei sie in dem Künstler Ralf Klawitter einen einfühlsamen Mentor fand. „Menschen und ihre Träume" heißt diese kleine Ausstellung mit Zeichnungen und Malereien von Regina Böhrn, die neugierig geblieben ist und der Möglichkeit erliegt, sich in bewegten Farbharmonien auszudrücken. Stilfindung ist ihr nicht so wichtig, sondern eher Formfindung für das, was sich in einem langen Leben aufgestaut hat. Sie erzählte mir von ihrer Bodenständigkeit, davon, daß sie kein Fernweh in die Welt hinaustreibt, sondern vor ihrem Fenster in Pesterwitz vor der Staffelei stehend, in sich lauscht und sich selbst entdeckt, die Sehnsüchte nach Farben, Farbmelodien und Rhyhthmen auslebt. Wobei sie, die sich an wohlformulierten Sätzen früher lange festhalten konnte, nun ihre eigenen Werke mit klangvollen Worten tauft, die von einer eigenwilligen Poesie tönen: Sie erzählt von der Ankunft im Paradies, wo sich Vögel an Kirschen laben und Milch und Honig fließen, von Sonnen , die in Gefahr sind, von Jagdfieber und Behausungen, von der Menschwerdung und Mutter Erde, von Flucht und Albtraum, tanzenden Bäumen und Wald. Das, was die Arbeiten auszeichnet sind sowohl kraftvolle, kontrastreiche Farbwirkungen, wobei die reine Farbe entweder stark konturiert ist oder mit freiem, ja befreitem Pinselschlag in reichen Mischtönen erstrahlt. Man begegnet poetischen, ja zuweilen archaischen Formfindungen, einem Wechsel zwischen geometrisch akzentuierter Symbolfindung und konkreter, flächiger Dekorativität. Alles wird dominiert von einer mitreißenden Lust am Leben, Lust zu Leben und zu entdecken, einer Freude am bildnerischen Phantasieren, wobei sie ihrer Phantasie oftmals den roten Teppich auslegt. Wenngleich sie nicht vom Ortswechsel inspiriert wird, ist für Sie Bewegung ungemein wichtig. Das sieht man den Arbeiten an, die von einer inneren und formalen Bewegtheit leben. Runde, schwellende Formen dominieren das Geschehen und teilen zuweilen auch etwas von der Vergeblichkeit zu Bewahren mit und von der Notwendigkeit zu Träumen, obwohl manche Träume, wie Seifenblasen zerplatzen können. Dann geht es auf zum nächsten Bild! Ich bin mir sicher, daß die Arbeiten auch so etwas wie Behausungen für Regina Böhm selbst darstellen und in den glücklichsten Momenten auch für den Betrachter.
Sie kann viel erzählen zu ihren Arbeiten, einfühlsam und sensibel und man sollte sie tatsächlich fragen. Besonders beeindruckt war ich persönlich von den Porträts, die sie mit der Linie des Kohlestiftes charaktervoll umriß. Fasziniert von den Spuren des Lebens, die sich in Gesichter eingraben und von den Augen, die das Leuchten der Seele zeigen, ist sie auf der Suche nach spannenden Gesichtern, die sie auch in Zeitungen findet. Die vollkommene Wiedererkennbarkeit der Person nimmt dabei eine zweitrangige Rolle ein. Wichtig ist ihr, die Ausstrahlung lebendiger Innerlichkeit und das macht den Reiz der Arbeiten auch aus. Was mich bewegt hat, ist der Mut von Regina Böhrn, die Stille Enklave des Machens zu verlassen, um sich der Öffentlichkeit zu stellen, mit dem Betrachter ins Gespräch zu kommen.
„Menschen und ihre Träume" haben in jeder Hinsicht Beachtung verdient! Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß Sie der Einladung gefolgt sind, denn durch sie erfüllt sich die Arbeit von Regina Böhm mit Leben.
Lassen Sie mich mit Worten der Lyrikerin Rose Ausländer ihren Blick auf die Werke freigeben:
„Singen
Den Freudengesang Eines Traumes Den Trauergesang Unserer Zeit Das Helle Du bist Ein Fünkchen Licht Das Finstre Gedröhn und Gerassel Der Maschinen Wir Müssen wach sein Unsere Stimme Wach halten Um Singen zu können"........und wenn es sein muß, mit Farben und Formen, wie Regina Böhm.
Karin Weber Dresden, den 22.02.2005
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